ENTSTEHUNG UND ALTER DER FASNACHT

Über die Entstehung, Alter, Herkunft und Sinn der Oberländer Fasnachten ist sehr viel geschrieben und wissenschaftlich untersucht worden und die zahlreichen Abhandlungen und Deutungen sind so
verschieden, dass man leicht den Überblick verliert. Die Frage nach dem Alter der Nassereither Fasnacht ist sehr leicht zu beantworten: Ganz einfach man weiß es nicht.

Auf die Frage eines Fernsehreporters hat Sterzinger Johann (Fasnachtsobmann 1994 - 2011) einmal geantwortet: Die Nassereither Fasnacht ist mindestens so alt wie der Ötzi, der Mann vom Hauslabjoch, also über 4.000 Jahre, weil er ein schwarzes Gesicht und kein Geld im Sack hatte, also muss er in der Nassereither Fasnacht gewesen sein, wo man ihn ruaßelte und einführte, wodurch er sein ganzes Geld verbrauchte.

Diese scherzhafte Antwort ist genau so richtig oder falsch wie alle anderen unbewiesenen Angaben die von uralt bis seit grauer Vorzeit reichen. Es gibt in Nassereith selbst keine Aufzeichnungen über die Fasnacht, warum sollte auch etwas aufgeschrieben werden, sie gehörte genauso zum Jahreskreis wie Weihnachten oder Ostern. Erwähnungen über die Tiroler Fasnachten kennt man nur aus Verboten oder wenn ein Unglück geschehen ist. Solche Nachrichten findet man in den Kanzleibüchern „Causa Domini“ genannt und die hauptsächlich aus kopierten Erlässen des Landesfürsten bestehen.


Bis vor einigen Jahren war die älteste über Nassereith bekannte Erwähnung das Protokoll über den Pfundser Schemenprozess im Jahre 1775. Im Zuge der Recherche über das Nassereither Fasnachtbuch ist es dem Autor Prof. Dr. Wolfgang Pfaundler gelungen eine weitere Erwähnung zu finden, und zwar in den Causa Domini vom 22. März 1740. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Fasnacht nicht älter ist, diese beiden Daten sind urkundlich erwähnt und es ist daher beweisbar, dass zu dieser Zeit in Nassereith eine Fasnacht bestand. Auch in den Diözesanarchiven von Innsbruck und Brixen konnten keine weiteren Hinweise gefunden werden.

Namhafte Fasnachtforscher und Volkskundler sind der Meinung, dass die Fasnachten so alt sind wie das Dorf selbst, was wohl auch zutrifft. Brände und Kriege haben wahrscheinlich viele alte Larven und Gewänder vernichtet, gerade in Nassereith wüteten mehrere Großbrände und viel altes, wertvolles Kulturgut fiel den Flammen zum Opfer.

Ob sich darunter auch Aufzeichnungen über die Nassereither Fasnacht befunden kann heute nicht mehr beantwortet werden.

Die erste schriftliche Aufzeichnung der neueren Zeit ist ein Kassabuch angelegt am 2. März 1924. Protokolle von Sitzungen oder Versammlungen sind leider keine vorhanden. Weiters gibt es ein kleines Buch, die „alte Nassereither Fasnacht“ von Dr. Norbert Mantl, wo er die Fasnacht vor dem ersten Weltkrieg beschreibt. Seit einigen Jahren gibt es nun ein sehr umfangreiches Werk von Prof. Dr. Wolfgang Pfaundler über das Nassereither Schellerlaufen, worin die Fasnacht wie sie sich heute darstellt in Worten und vor allem mit zahlreichen Bildern dokumentiert ist.

Wie dem auch sei, die Nassereither Fasnachtler interessieren Alter, Herkunft und Deutung nur am Rande. Wichtig ist, dass wieder in die Fasnacht gegangen wird. Da überdies alle Fasnachtler, ganz gleich in welcher Rolle sie auftreten, nur das eine Ziel kennen, eine schöne Fasnacht zu gestalten und weder politische noch berufliche Unterschiede eine Rolle spielen, hat die Fasnacht auch ihre Auswirkung  auf das Gemeinschaftswesen des Dorfes. Ist es doch in der heutigen Zeit die einzige Veranstaltung, die das ganze Dorf vereint und fast alle am gleichen Ziel arbeiten lässt.

Seit 2012 gehört das Nassereither Schellerlaufen zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO